Urteil vom 14.11.2024 -
BVerwG 7 A 8.23ECLI:DE:BVerwG:2024:141124U7A8.23.0
Leitsätze:
1. Die Verkürzung der Auslegungsdauer von einem Monat in § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG auf eine Woche in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LNGG steht mit Völker- und Unionsrecht in Einklang.
2. Gastransportschiffe (SLNGC), die Gas von einem 30 km entfernt auf Reede liegenden Gasspeicherschiff (FSU) aufnehmen und zu einem festliegenden Regasifizierungsschiff (FSRU) bringen, gehören immissionsschutzrechtlich weder zum Anlagenkern der Regasifizierungsanlage noch sind sie deren Nebeneinrichtungen.
3. Die persönliche Zuverlässigkeit des Antragstellers ist regelmäßig keine Voraussetzung für die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
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Rechtsquellen
BImSchG § 3 Abs. 5 Nr. 2, § 10 Abs. 3 und Abs. 5 Satz 4, § 20 Abs. 3 4. BImSchV § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 9. BImSchV § 10 Abs. 1 KSG § 13 VwGO § 50 Abs. 1 Nr. 6, § 67 Abs. 4 LNGG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 2 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, § 6 Satz 1 UVPG § 1 Abs. 4 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, § 7 Abs. 2 -
Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 14.11.2024 - 7 A 8.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:141124U7A8.23.0]
Urteil
BVerwG 7 A 8.23
In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2024
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Günther, Dr. Tegethoff,
Dr. Löffelbein und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Bähr
für Recht erkannt:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Gründe
I
1 Der Kläger ist ein anerkannter Umweltverband. Mit seiner Klage wendet er sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Beklagten vom 14. Januar 2023 für die Errichtung und den Betrieb einer schwimmenden Anlage zur Speicherung und Regasifizierung von verflüssigtem Erdgas (FSRU-Anlage) am Standort Lubmin.
2 Die Genehmigung ist bis zum 31. Dezember 2031 befristet. Sie sieht vor, dass die im Hafen von Lubmin festgemachte FSRU Neptune von drei kleinen LNG-Transportschiffen (Small LNG-Carrier - SLNGC) beliefert wird, die Flüssiggas (LNG) von dem 30 Kilometer entfernt in der Ostsee auf Reede liegenden Speicherschiff Seapeak Hispania (Floating Storage Unit - FSU) aufnehmen und im Pendelverkehr zur Neptune transportieren. Die Neptune selbst verfügt über ein Gaslager mit einer genehmigten Speicherkapazität von 13 500 t LNG.
3 Der kurz nach Erteilung der Genehmigung begonnene Betrieb wurde im April 2024 eingestellt, weil die Neptune an den Standort Mukran verlegt wurde, von wo das regasifizierte LNG in einer zwischenzeitlich errichteten Untersee-Pipeline zum Standort Lubmin geleitet wird.
4 Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2023 zurückgewiesen.
5 Mit seiner am 1. August 2023 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass den Vorschriften der Aarhus-Konvention und der Beteiligungs-RL der EU durch die Auslegung der Unterlagen nur in Papierform und nur in Stralsund und Lubmin nicht genüge geleistet sei. Die nach Angabe des Beklagten entscheidungserheblichen Unterlagen vom 9. Januar 2023 seien überhaupt nicht ausgelegt worden. Diese kenne der Kläger bis heute nicht. Der Beklagte habe gegen die immissionsschutzrechtliche Koordinierungspflicht verstoßen, weil er die Umweltauswirkungen der FSU Seapeak Hispania sowie der wasserseitigen Maßnahmen im Hafen von Lubmin nicht berücksichtigt habe. Verfahrensfehlerhaft sei auch die Unterlassung einer Umweltverträglichkeitsvorprüfung mit anschließender Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 1 LNGG verstoße gegen Unionsrecht. Ihre Tatbestandsvoraussetzungen seien nicht erfüllt.
6 Genehmigungsbedürftige Anlagenteile, namentlich der Pendelverkehr der SLNGC und die FSU seien nicht Teil der Genehmigung geworden. Die Genehmigung sei somit ein bloßer Torso.
7 Die Beigeladene sei unzuverlässig. Die für sie handelnden Personen seien Steuerberater bzw. Finanzinvestoren und hätten keine Erfahrungen mit immissionsschutzrechtlichen Verfahren.
8 Störfallrechtlich seien die Auswirkungen des Klimawandels (Sturmfluten und Überschwemmungen) sowie das Explosionsrisiko und der Brandschutz nicht hinreichend beachtet. Schließlich verstoße der Genehmigungsbescheid gegen Naturschutzrecht. Verschiedene FFH- und Vogelschutzgebiete würden erheblich in ihren Schutz- und Erhaltungszielen beeinträchtigt. Stickoxidemissionen lägen oberhalb des Abschneidewerts von 0,3 kg N/(ha*a), was zu einer Eutrophierung und zu einer Beeinträchtigung der Gewässerqualität führe.
9
Der Kläger beantragt,
den Genehmigungsbescheid vom 14. Januar 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 2023 aufzuheben,
hilfsweise ihn für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
10
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Klage abzuweisen.
11 Der Beklagte begründet seinen Antrag unter anderem damit, dass die unter dem 9. Januar 2023 von der Beigeladenen nachgereichten Unterlagen nicht neu bzw. auslegungsbedürftig gewesen seien. Die Beteiligung sei im gesetzlichen Rahmen durchgeführt worden. Die Veröffentlichung im Internet sei nur fakultativ. Die Koordinierungspflicht sei nicht verletzt. Sie verpflichte den Beklagten nicht dazu, sämtliche Verfahren gleichzeitig durchzuführen. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei entbehrlich gewesen. Die FSRU Neptune habe eine Regasifizierungskapazität von 5,2 Mrd. m³/a und könne damit einen relevanten Beitrag zur Bewältigung der im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bestehenden Gasversorgungskrise leisten.
12 Die Genehmigung sei nicht unvollständig. Sie umfasse sämtliche Bestandteile des Vorhabens, die vom immissionsschutzrechtlichen Anlagenbegriff erfasst würden. Weder der SLNGC-Verkehr noch der Betrieb der FSU seien Bestandteile der FSRU Neptune. Es sei zudem gesichert, dass die Betreiberpflichten erfüllt und keine schädlichen Umweltauswirkungen hervorgerufen würden. Die Angaben des Klägers zur Zuverlässigkeit der Beigeladenen seien weder plausibel noch eine Voraussetzung für die Genehmigungserteilung. Auch die Betrachtungen im Sicherheitsbericht seien ausreichend. Bereits im Widerspruchsbescheid habe der Beklagte darauf hingewiesen, dass eine Einbeziehung der Auswirkungen des Klimawandels nicht unterblieben sei. Eine Konfliktlage bestehe auch nicht zu dem nahegelegenen Kernkraftwerk. Das Explosionsrisiko und die Auswirkungen einer Explosion seien geklärt. Die Brandschutzbestimmungen seien auch nach nochmaliger Überprüfung im Widerspruchsverfahren ausreichend. Die naturschutzfachlichen Betrachtungen zeigten, dass keine Schutz- und Erhaltungsziele der vom Kläger angeführten Vogelschutz- und FFH-Gebiete beeinträchtigt würden.
13 Die Beigeladene schließt sich dem Beklagten an. Ergänzend weist sie darauf hin, dass Teile des Vortrags des Klägers nicht zu berücksichtigen seien, weil sie wortlautgleich Passagen der Widerspruchsbegründung wiederholten, ohne sich mit dem Widerspruchsbescheid auseinanderzusetzen.
14 Die Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren und trägt im Wesentlichen zur Bedeutung des Vorhabens für die energetische Versorgungssicherheit in Deutschland vor.
15 Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
II
16 Die Klage, über die das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i. V. m. § 12 Satz 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1, Ziffer 5.1 der Anlage zu § 2 LNGG in erster und letzter Instanz entscheidet, hat keinen Erfolg.
17 A. Sie ist zulässig.
18 1. Als eine nach § 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) anerkannte Umweltvereinigung ist der Kläger gemäß § 2 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG klagebefugt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2023 - 7 A 9.22 - BVerwGE 179, 239 Rn. 12 ff.).
19 2. Für die Klage besteht ein Rechtsschutzbedürfnis. Durch die Verlegung der FSRU Neptune nach Mukran im April 2024 hat sich der Rechtsstreit nicht erledigt. Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG erlischt eine Genehmigung, von der kein Gebrauch mehr gemacht wird, erst nach einem Zeitraum von mehr als drei Jahren. Innerhalb dieses Zeitraums, der hier vorbehaltlich einer Fristverlängerung nach § 18 Abs. 3 BImSchG erst im April 2027 endet, kann die Beigeladene von der ihr erteilten Genehmigung weiterhin Gebrauch machen.
20 B. Die Klage ist sowohl mit dem Haupt- als auch mit dem Hilfsantrag unbegründet. Die angegriffene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt nicht gegen für sie bedeutsame umweltbezogene Rechtsvorschriften (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG).
21 I. Die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.
22 1. Der Beklagte hat zu Recht auf die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsvorprüfung und in der Folge auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet. Die FSRU-Anlage unterliegt grundsätzlich der Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung nach § 7 Abs. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) i. V. m. Ziffer 9.2.1.3 der Anlage 1 zum UVPG. Diese war jedoch aufgrund der Vorschrift des § 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases (LNGG) entbehrlich. Hiernach hat die für die Zulassungsentscheidung zuständige Behörde abweichend von § 1 Abs. 4 UVPG bei Vorhaben nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3, 4 und 5 LNGG das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 nicht anzuwenden, wenn eine beschleunigte Zulassung des konkreten Vorhabens geeignet ist, einen relevanten Beitrag zu leisten, um eine Krise der Gasversorgung zu bewältigen oder abzuwenden.
23 a) Der Senat hat die Übereinstimmung dieser Regelung mit höherrangigem Recht sowie das Vorliegen ihrer anlagenunabhängigen Voraussetzungen für den August 2023 bejaht (BVerwG, Urteil vom 25. April 2024 - 7 A 9.23 - NVwZ-RR 2024, 938 Rn. 15 - 30). Hieran hält er fest. Die für den August 2023 festgestellten Voraussetzungen für die Annahme einer Krise der Gasversorgung galten zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 18. Juli 2023 gleichermaßen.
24 b) Die FSRU Neptune ist auch geeignet, einen relevanten Beitrag zur Bewältigung oder Abwendung der Gasversorgungskrise zu leisten. Von einem mengenmäßig relevanten Beitrag kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn das Vorhaben eine jährliche Regasifizierungskapazität von zumindest 5 Mrd. m3 erreicht oder überschreitet (BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2023 - 7 A 9.22 - BVerwGE 179, 239 Rn. 20; vgl. auch BT-Drs. 20/1742 S. 18). Dabei kommt es nicht auf tatsächliche Liefermengen an, sondern allein auf die theoretische Kapazität der Anlage. Diese ist hier ausreichend dimensioniert. Aus dem angegriffenen Genehmigungsbescheid ergibt sich in Übereinstimmung mit der in den Antragsunterlagen enthaltenen Anlagenbeschreibung, dass die FSRU Neptune eine nominale Regasifizierungskapazität von 500 Kubik-Fuß pro Tag (million standard cubic feet per day - MMCUFD) und eine maximale Kapazität von 750 MMCUFD hat. Der Unterschied zwischen den beiden Werten (nominal und maximal) ist darauf zurückzuführen, dass die Anlage über drei gleichstarke Stränge verfügt, die Genehmigung aber nur für den sogenannten n+1-Modus beantragt wurde, in dem immer nur zwei der drei Stränge gleichzeitig gefahren werden. Umgerechnet auf die Jahreskapazität entsprechen 500 MMSCUFD ca. 5,2 Mrd. m3/a.
25 Diese Jahreskapazität kann durch den Einsatz der SLNGC erreicht und sogar überschritten werden. Der Beklagte hat die Transportkapazität der drei im Einsatz befindlichen SLNGC berechnet. Entgegen der Auffassung des Klägers ist dies nicht geschehen, um die aus seiner Sicht zu geringe Kapazität der FSRU Neptune zu ergänzen. Vielmehr hat der Beklagte auf diese Weise überprüft, ob das Nadelöhr der geplanten Anlieferung des Erdgases durch SLNGC die Leistungsfähigkeit der Anlage faktisch beeinträchtigt. Die drei SLNGC transportieren jeweils einmal täglich eine Menge von 7 800 m3 LNG zur FSRU, also insgesamt 23 400 m3 pro Tag. 22 970 m3 LNG seien erforderlich, um eine Regasifizierungsrate von 500 MMSCFD zu erreichen. Die Transportkapazität der SLNGC liegt damit oberhalb des Notwendigen.
26 Der Kläger kann dem auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass im Sicherheitsbericht nur eine Gesamtjahreskapazität von 4,5 Mrd. m3/a angegeben ist. Hierbei handelt es sich angesichts der in den Antragsunterlagen enthaltenen Anlagenbeschreibung offensichtlich um eine falsche Angabe, wie sich bereits aus dem Genehmigungsbescheid (S. 40) ergibt, der insoweit einen Fortschreibungsbedarf des Sicherheitsberichts feststellt. Auch die Vertreter von Beigeladener und Beklagtem haben insoweit in der mündlichen Verhandlung eine unzutreffende Angabe im Sicherheitsbericht eingeräumt. Durch eine fehlerhafte Angabe im Sicherheitsbericht werden aber nicht der Gegenstand und der Umfang der Genehmigung beeinflusst. Im Übrigen hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargestellt, dass sich aus der Abweichung um 10 Prozent hinsichtlich der Jahreskapazität keine sicherheitsrelevante Änderung für die Beurteilung von Störfallrisiken ergebe, weshalb dieser Angabe im Sicherheitsbericht bei der Genehmigung keine Bedeutung beigemessen werden musste. Soweit der Kläger schließlich auch Angaben der Beigeladenen gegenüber der Bundesnetzagentur heranzieht, die sich auf eine geringere Menge Flüssiggas beziehen, konnte in der mündlichen Verhandlung geklärt werden, dass es hierbei um Aussagen zu marktrelevanten Fragen eines bestimmten Tarifs ging, nicht aber um Angaben zur technischen Gesamtkapazität der Anlage.
27 c) Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch beanstandet hat, dass durch das Entfallen einer Umweltverträglichkeitsprüfung klimawirksame Emissionen nicht ermittelt wurden und damit gegen Art. 2 Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 2011/92/EU (UVP-Richtlinie) verstoßen worden sei, ist er mit diesem Einwand gemäß § 6 Satz 1 UmwRG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift muss der Kläger innerhalb von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Die fehlende Ermittlung der genannten Emissionen wird in der Klageschrift vom 1. August 2023 aber nicht als ein vom Kläger gerügter Rechtsverstoß, sondern lediglich in der Sachverhaltsdarstellung erwähnt. Das genügt den Anforderungen an die Klagebegründung im Sinne des § 6 Satz 1 UmwRG nicht.
28 Der Kläger macht in diesem Zusammenhang zudem einen Verstoß gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 des Bundesklimaschutzgesetzes geltend. Dabei übersieht er, dass die hieraus folgende Pflicht der Träger öffentlicher Aufgaben, bei ihren Planungen und Entscheidungen den Zweck des Klimaschutzgesetzes und die zu seiner Erfüllung festgelegten Ziele zu berücksichtigen, nur bei Planungs- und Ermessensentscheidungen greifen kann. Nur diese belassen den Trägern öffentlicher Aufgaben einen Entscheidungsspielraum, innerhalb dessen die vorgeschriebene Berücksichtigung stattfinden kann (BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 62). Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist gemäß § 6 Abs. 1 BImSchG aber eine gebundene Entscheidung.
29 Verbrauchsemissionen, welche von den Endverbrauchern des Flüssiggases ausgehen, sind dessen ungeachtet nicht zu berücksichtigen. Ihnen fehlt der durch § 43 Abs. 3 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (EnWG) vorausgesetzte Vorhabenbezug (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. Februar 2021 - 4 B 25.20 - juris Rn. 22 und vom 22. Juni 2023 - 7 VR 3.23 - BVerwGE 179, 226 Rn. 45 f.).
30 2. Auch die Einwände des Klägers gegen die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung sind unbegründet.
31 a) Anders als von ihm dargestellt musste die Veröffentlichung der Unterlagen nicht im Internet erfolgen. Nach den zur Zeit der Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung geltenden Vorschriften war die Veröffentlichung im Internet nur fakultativ. Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG in der Fassung des Gesetzes vom 18. August 2021 (BGBl. I S. 3901 - im Folgenden: BImSchG a. F.) hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standorts der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen, wenn die Unterlagen des Antragstellers vollständig sind. Gemäß Satz 2 dieser Vorschrift erfolgt danach die Auslegung für einen Monat. § 10 Abs. 1 Satz 1 9. BImSchV in der Fassung der Verordnung vom 8. Dezember 2017 (BGBl. I S. 3882 - im Folgenden: 9. BImSchV a. F.) konkretisiert diese Vorgaben. Danach sind der Antrag sowie die beigefügten Unterlagen, die die Angaben über die Auswirkungen der Anlage auf die Nachbarschaft und die Allgemeinheit enthalten, bei der Genehmigungsbehörde und, soweit erforderlich, bei einer geeigneten Stelle in der Nähe des Standorts des Vorhabens auszulegen. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LNGG in der Fassung des Gesetzes vom 8. Oktober 2022 (BGBl. I S. 1726 - im Folgenden: LNGG a. F.) modifiziert diese Vorgaben für die Zulassung von Anlagen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 (= stationäre schwimmende Anlagen zur Einfuhr [...] verflüssigten Erdgases), für die keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss, dahingehend, dass die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach § 10 Abs. 2 Satz 1 BImSchG a. F., sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, nach der Bekanntmachung eine Woche zur Einsicht auszulegen sind. Dadurch wird die Auslegungsfrist deutlich verkürzt.
32 Durch diese Gesamtregelung werden die völker- und unionsrechtlichen Vorgaben über eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung (Art. 6 Abs. 3 Aarhus-Konvention <AK> und Art. 6 Abs. 3 RL 85/337/EWG in der Fassung, die er durch Art. 3 RL 2003/35/EG erhalten hat) eingehalten. Insbesondere erscheinen die Vorschriften über den zeitlichen Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht "unangemessen" im Sinne von Art. 6 Abs. 3 AK und Art. 6 Abs. 3 RL 85/337/EWG (vgl. Gillich, DÖV 2022, 1027 <1030>). Denn bei der Interpretation des Begriffs der Angemessenheit ist nicht nur die Interessenlage eines potentiellen Einwenders, sondern auch die von § 4 Abs. 1 LNGG erfasste Dringlichkeit eines Vorhabens als öffentliches Interesse zu berücksichtigen. Die Angemessenheit der Auslegungsdauer kann nicht starr auf bestimmte Zeiträume festgelegt werden; sie ist einzelfallabhängig und muss Art, Komplexität, Größe und den Standort eines Vorhabens berücksichtigen (Epiney/Diezig/Pirker/Reitemeyer, Aarhus-Konvention, 1. Aufl. 2018, Art. 6 Rn. 28). Am Ende wird es immer darum gehen, einerseits eine Verfahrensbeteiligung sinnvoll zu ermöglichen und andererseits die Besonderheiten des Vorhabens zu berücksichtigen. Dies ist für die von § 2 LNGG erfassten Vorhaben, denen § 3 LNGG eine überragende Dringlichkeit im öffentlichen Interesse beimisst, erfüllt.
33 Auch aus der konkreten Anwendung der Vorschriften ergibt sich kein Rechtsfehler. Die Unterlagen lagen vom 8. bis 21. November 2022 und damit während eines Zeitraums von 14 Tagen während der Dienststunden aus. Die Beschränkung auf die Dienststunden ergibt sich aus § 10 Abs. 1 Satz 6 9. BImSchV a. F. Der Beklagte hat hiermit einen Zeitraum gewählt, der sogar doppelt so lange ist wie durch § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LNGG vorgegeben. Mit den Orten der Auslegung (Sitz der Genehmigungsbehörde in Stralsund und im Amt Lubmin) hat der Beklagte auch die weiteren Anforderungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 9. BImSchV a. F. erfüllt, wonach die Unterlagen bei der Genehmigungsbehörde und bei einer geeigneten Stelle in der Nähe des Standorts des Vorhabens auszulegen sind.
34 Erst mit Gesetz vom 3. Juli 2024 (BGBl. I S. 225) sind § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG und § 10 Abs. 1 Satz 3 9. BImSchV dahingehend geändert worden, dass nunmehr eine Veröffentlichung der Unterlagen im Internet vorgesehen ist. Diese Vorschriften waren auf den hiesigen Sachverhalt noch nicht anwendbar.
35 b) Die von der Beigeladenen unter dem 9. Januar 2023 nachgereichten Unterlagen waren nicht (erneut) auszulegen. Im Einzelnen handelte es sich hierbei um einen separaten Antrag auf Emissionsgenehmigung gemäß § 4 des Gesetzes über den Handel mit Berichtigungen zur Emission von Treibhausgasen, eine Aktualisierung des Sicherheitsberichts und eine supplementierte Darstellung des Shuttle-Verkehrs. Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG a. F. sind weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulassung von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Das bedeutet, dass solche Informationen gemäß § 4 Abs. 1 Umweltinformationsgesetz nur auf eine Antragstellung hin zugänglich zu machen sind (vgl. Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 10 Rn. 82). Eine erneute Auslegung ist nur bezüglich solcher Informationen erforderlich, die den Genehmigungsantrag ändern (vgl. OVG Magdeburg, Urteil vom 6. Juli 2016 - 2 L 84/14 - juris Rn. 126), was hier nicht der Fall ist. Einen Antrag auf Zugänglichmachung hat der Kläger nicht gestellt. Der Beklagte hat zudem in Anwendung von § 4 Abs. 4 LNGG auch die nachgereichten Unterlagen vom 10. bis 13. Januar 2023 auf seiner Internetseite zugänglich gemacht.
36 3. Der Beklagte hat auch nicht gegen das verfahrensrechtliche Koordinierungsgebot verstoßen. Gemäß § 10 Abs. 5 Satz 4 BImSchG a. F. hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung mehrerer Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen, soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist. Die Vorschrift betrifft allein solche anderen Genehmigungen, die nicht schon von der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG erfasst sind. Voraussetzung für die Koordinierungsaufgabe ist, dass ein räumlicher und betrieblicher Zusammenhang mit anderen zulassungspflichtigen Vorhaben besteht, dass diese Auswirkungen auf die Umwelt haben können und dass andere Vorhaben für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von Bedeutung sein können (vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2024, § 10 BImSchG Rn. 103). Anders als bei der Konzentrationswirkung führt die Koordinierungspflicht die verschiedenen Zulassungen nicht in eine Hand, sondern verpflichtet die Behörden nur zur Zusammenarbeit. Eine Pflicht, Verfahren gleichzeitig durchzuführen, besteht nicht (vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2024, § 10 BImSchG Rn. 104).
37 Der Kläger macht schon nicht deutlich, worin er einen Verstoß gegen das Koordinierungsgebot sieht. Dessen Verletzung scheidet im Übrigen aus den folgenden Gründen aus: Eine Genehmigung für die durchgeführten Hafenausbaumaßnahmen war nicht beantragt und gemäß § 6 des Gesetzes über die Nutzung der Gewässer für den Verkehr und die Sicherheit in den Häfen des Landes Mecklenburg-Vorpommern auch nicht erforderlich gewesen. Im Übrigen war die Hafenvertiefung bereits abgeschlossen, bevor die hier streitgegenständliche Genehmigung beantragt wurde. Für die Hafenvertiefung bestand zudem gemäß der Auskunft des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom 31. August 2022 kein wasserverkehrsrechtliches Planfeststellungserfordernis. Für die wasserrechtliche Erlaubnis war gemäß § 124a des Wassergesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern die Immissionsschutzbehörde zuständig, wodurch die hinreichende Koordinierung intern sichergestellt ist. Mit Blick auf die östlich von Rügen auf Reede liegende FSU Seapeak Hispania ist ein Koordinierungsbedürfnis nicht erkennbar.
38 II. Materielle Fehler der Zulassungsentscheidung sind ebenfalls nicht gegeben.
39 1. Die Genehmigung ist nicht unvollständig. Sie erfasst alle Anlagenteile. Die SLNGC sowie die FSU Seapeak Hispania sind keine Teile der zu genehmigenden Anlage.
40 Gemäß § 3 Abs. 5 Nr. 2 BImSchG a. F. sind Anlagen (unter anderem) Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 BImSchG a. F. unterliegen. Von § 38 Abs. 1 Satz 1 BImSchG a. F. werden Fahrzeuge erfasst, unter anderem namentlich Wasserfahrzeuge sowie Schwimmkörper und schwimmende Anlagen. Dies trifft sowohl auf die SLNGC als auch auf die FSU Seapeak Hispania zu. Dessen ungeachtet handelt es sich bei beiden auch nicht um vom Genehmigungserfordernis umfasste Anlagenteile oder Nebeneinrichtungen, welche durch § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 4. BImSchV näher bestimmt werden.
41 a) Die durch Nummer 1 der Regelung beschriebenen Anlagenteile und Verfahrensschritte bilden den sogenannten Kernbestand der Genehmigung. Der Kernbestand setzt sich aus dem Anlagenkern und den sonstigen wesentlichen Bestandteilen zusammen. Zum Anlagenkern gehören die Haupteinrichtungen, in denen der durch den Betriebszweck gekennzeichnete eigentliche Betriebsvorgang stattfindet. Zu den sonstigen wesentlichen Bestandteilen gehören die übrigen Betriebseinheiten, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind, insbesondere Hilfseinrichtungen wie Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen sowie Sicherheitsvorkehrungen wie Sicherheitsventile und Abschaltvorkehrungen (BVerwG, Beschluss vom 29. Dezember 2010 - 7 B 6.10 - NVwZ 2011, 429 Rn. 20). Eine solche Qualität weisen weder die FSU noch die SLNGC auf. Sie sind für den Betrieb der Anlage nicht zwingend notwendig. Das von den Wasserfahrzeugen transportierte Gas wird zwar in der Anlage behandelt, es ist selbst aber nicht Voraussetzung für die Betriebstüchtigkeit der Anlage.
42 b) Die Wasserfahrzeuge sind auch keine Nebeneinrichtungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 4. BImSchV. Nebeneinrichtungen sind nicht für den Betriebszweck unmittelbar erforderlich; ihnen kommt aber eine dienende Funktion zu. Maßgebend ist die tatsächliche Einbeziehung in den auf die Hauptanlage bezogenen und von dieser bestimmten Funktionszusammenhang. Ob eine (Teil-)Anlage als Nebeneinrichtung zu qualifizieren ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich ist, ob die Anlage im Einzelfall für den Betrieb der Kernanlage bedeutsam ist (BVerwG, Beschluss vom 29. Dezember 2010 - 7 B 6.10 - NVwZ 2011, 429 Rn. 21). Nebeneinrichtungen stehen in einem engen räumlichen Zusammenhang zu der Anlage. Dieser verlangt im Regelfall, dass die Nebeneinrichtung sich auf dem Betriebsgelände befindet und dass technische Verbindungseinrichtungen zwischen der Haupteinrichtung und der Nebeneinrichtung bestehen (Jarass, NVwZ 1995, 529 <533>).
43 Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Dies ist offensichtlich bei der ca. 30 km entfernt auf Reede liegenden FSU Seapeak Hispania. Aber auch den SLNGC, welche zumindest während des Entladungsprozesses neben der FSRU Neptune festmachen, fehlt die räumliche Nähe und technische Verbindung. Sie zeichnen sich vor allem durch ihre freie Beweglichkeit als Wasserfahrzeuge aus. Soweit Zulieferverkehr als Anlagenbestandteil angesehen wird (vgl. OVG Münster, Urteil vom 12. April 1978 - 7 A 632/77 - BauR 1978, 301 <302>; VGH Mannheim, Urteil vom 10. November 1988 - 10 S 758/86 - NVwZ 1989, 276 <278>), geht es dabei jeweils um die Zurechnung von Lärm, der durch den Betrieb von Zulieferfahrzeugen "auf dem Betriebsgelände" entsteht. Hier geht es allerdings um die Umweltauswirkungen, die von den SLNGC bei den Fahrten durch den Bodden entstehen ("Pendelverkehr"). Der Zusammenhang zu der Haupteinrichtung (FSRU Neptune) ist dabei unterbrochen.
44 2. Der Kläger macht Verstöße gegen die Störfall-Verordnung (12. BImSchV - StörfallV) geltend. Insoweit ist er gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG im Grundsatz rügebefugt, weil die Störfall-Verordnung zu den umweltbezogenen Rechtsvorschriften zählt. Sie setzt die Richtlinie 2012/18/EU (Seveso III-Richtlinie) um. Diese dient ausweislich ihrer Erwägungsgründe (etwa Nr. 1, 2, 4) und gemäß ihres Art. 1 unter anderem der Begrenzung der Unfallfolgen für die Umwelt.
45 a) Mit seinen Einwendungen ist der Kläger allerdings weitgehend gemäß § 6 Satz 1 UmwRG ausgeschlossen. Der Obliegenheit zur Klagebegründung nach § 6 Satz 1 UmwRG wird ein Vortrag nicht gerecht, der lediglich Ausführungen, die bereits in einem früheren Verfahrensstadium gemacht wurden, wortlautgleich wiederholt, ohne sich mit der angegriffenen Entscheidung in ihrer letzten Fassung - hier der Genehmigungsbescheid in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid erfahren hat - auseinanderzusetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 2017 - 4 A 16.16 - NVwZ-RR 2017, 768 Rn. 37, zu § 43e Abs. 3 Satz 1 EnWG a. F.; Beschluss vom 5. Juli 2023 - 9 B 7.23 - NVwZ 2023, 1664 Rn. 17, zu § 6 Satz 1 UmwRG).
46 Mit der Begründungspflicht einher geht die Pflicht des Klägerbevollmächtigten zur Sichtung und rechtlichen Einordnung der Tatsachen, auf welche die Klage gestützt werden soll. Insoweit dient der unter anderem in erstinstanzlichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht geltende Vertretungszwang gemäß § 67 Abs. 4 VwGO auch einer geordneten und konzentrierten Verfahrensführung; durch die Herausarbeitung und den sachdienlichen Vortrag der für das Verfahren maßgebenden Gesichtspunkte soll das Bundesverwaltungsgericht in die Lage versetzt werden, sich auf die Aufgaben eines obersten Gerichtshofs des Bundes und erstinstanzlichen Gerichts in besonders bedeutsamen Angelegenheiten zu konzentrieren. Eine nur stichwortartige Benennung oder Zusammenfassung von Kritikpunkten beigefügter Gutachten oder deren bloße wörtliche Wiedergabe erfüllt diese Anforderungen nicht (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 3. November 2020 - 9 A 7.19 - BVerwGE 170,138 Rn. 17).
47 Hier entsprechen die Gliederungspunkte B. II. 6. a) bis d) der Klageschrift wortlautgleich Ausführungen des Widerspruchs, ohne auf die streitstoffbezogenen ausführlichen Einlassungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid einzugehen. Auf die Voraussetzungen des § 6 Satz 2 UmwRG i. V. m. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO kommt es nicht an, weil der klägerische Vortrag auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt substantiiert wurde.
48 b) Die nicht ausgeschlossenen störfallrechtlichen Einwände zeigen keinen Rechtsfehler auf. Der Kläger moniert im Wesentlichen, dass das in der Nähe der Anlage befindliche stillgelegte Kernkraftwerk Greifswald (Lubmin) und das atomare Zwischenlager Nord im Sicherheitsbericht nicht hinreichend betrachtet worden seien. Dem ist nicht beizupflichten.
49 Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 StörfallV hat der Betreiber eines Betriebsbereichs der oberen Klasse einen Sicherheitsbericht zu erstellen, der unter anderem Darlegungen zu einem Konzept zur Verhinderung von Störfällen, zu Gefahren von Störfällen und möglichen Störfallszenarien enthält. Der Sicherheitsbericht ist gemäß Absatz 4 der Vorschrift in angemessener Frist vor Inbetriebnahme vorzulegen. Er soll sicherstellen, dass der Betreiber sich mit allen Sicherheitsaspekten befasst und die notwendigen Konsequenzen gezogen hat (OVG Münster, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 8 D 12/08.AK - juris Rn. 464; vgl. Hansmann/König, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2024, § 9 12. BImSchV Rn. 7, 37). Der Sicherheitsbericht ist kein abgeschlossenes Instrument zur Gewährleistung der Sicherheit einer Anlage. Er ist vielmehr gemäß § 9 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 StörfallV fortzuschreiben, wenn neue Umstände dies erfordern oder um den neuen sicherheitstechnischen Kenntnisstand sowie aktuelle Erkenntnisse zur Beurteilung der Gefahren zu berücksichtigen.
50 Vor diesem Hintergrund kann eine Fehlerhaftigkeit der störfallrechtlichen Betrachtungen nicht festgestellt werden. Der Beklagte hat im Widerspruchsbescheid deutlich gemacht, dass sich die Wahrscheinlichkeit von Sturmfluten und Hochwasser durch die Errichtung und den Betrieb der FSRU Neptune nicht erhöhe. Eine räumliche Verlagerung der Neptune durch Sturmflut oder Hochwasser in Richtung der kerntechnischen Anlage in Lubmin könne wegen zu geringer Eintrittswahrscheinlichkeit unbetrachtet bleiben. Dies setzte zudem ein solch gewaltiges Hochwasser voraus, dass die Nuklearanlage dann mit ganz anderen, von der FSRU unabhängigen Problemen zu kämpfen hätte. Es sind auch nachvollziehbare Betrachtungen zu einem Explosionsrisiko und zum Brandschutz sowohl im Sicherheitsbericht als auch im Widerspruchsbescheid angestellt worden, denen der Kläger nichts Maßgebliches entgegengesetzt hat. Seine Erwägungen zu einer Untersuchung der gleichzeitigen Anlandung von Öl und Flüssiggas im Hafen Rostock sind nicht auf den hiesigen Standort zu übertragen, weil dessen Eigenschaften naturgemäß in einem für den Standort Rostock erstellten Gutachten nicht berücksichtigt worden sind.
51 3. a) Auch mit seinen naturschutzrechtlichen Einwänden ist der Kläger gemäß § 6 Satz 1 UmwRG und § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO weitgehend ausgeschlossen, weil diese in den Gliederungspunkten B. II. 7. b) bis e) der Klageschrift lediglich Ausführungen des Widerspruchs weitgehend wortlautgleich wiederholen, ohne sich mit dem diesbezüglichen Inhalt des Widerspruchsbescheids auseinanderzusetzen (vgl. oben Rn. 45 ff.).
52 b) Ungeachtet dessen ist nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen auszugehen (§ 33 Abs. 1 Satz 1, § 34 Abs. 2 BNatSchG). Der angefochtene Bescheid stützt sich im Hinblick auf die in Rede stehenden Vogelschutzgebiete nicht allein auf die Verträglichkeitsvoruntersuchung vom 4. November 2022, die ihrerseits zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vorhaben auch unter Berücksichtigung des Shuttle-Verkehrs nicht geeignet ist, Schutzzwecke und Erhaltungsziele des Vogelschutzgebiets erheblich zu beeinträchtigen. Darüber hinaus hat der Beklagte eine eigenständige behördliche Verträglichkeitsprüfung der Fachbehörde für Naturschutz nach Maßgabe des § 34 BNatSchG eingeholt und zum Teil des Genehmigungsbescheids gemacht. Dort befinden sich eingehende Ausführungen namentlich zur Eisente. Insbesondere wird die Störung durch den Fährbetrieb erläutert. Dabei geht die Untersuchung vorsorglich - wie der Kläger - von einem Störgebiet von 600 m beidseits der Schifffahrtslinie aus. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Störfläche eines SLNGC 113,1 ha betrage, während 44 074,7 ha geeignetes Lebensraumpotential vorhanden seien. Die Störung durch alle drei SLNGC betrage an einem Ort 24 Minuten pro Tag. Vor diesem Hintergrund gelangt die Untersuchung in nachvollziehbarer Weise zu dem Ergebnis, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass es vorhabenbedingt zu einer Beeinträchtigung des günstigen Erhaltungszustands der Eisente kommt. Mit all dem setzt sich der Kläger nicht auseinander. Der Genehmigungsbescheid befasst sich mit zahlreichen weiteren Arten, ohne dass der Kläger hierauf näher eingeht.
53 c) Der Kläger behauptet zudem, dass Stickoxidemissionen zu einem Stickoxideintrag deutlich oberhalb des Abschneidewerts von 0,3 kg N/(ha*a) führen. Darauf kommt es indes nicht an. Ob erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele von FFH-Gebieten durch Stickstoffdepositionen ernstlich zu besorgen sind, beantwortet sich nach dem Konzept der Critical Loads, das im Rahmen der UN-ECE-Luftreinhaltekonvention entwickelt worden ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 7 C 21.09 - NVwZ 2012, 176 Rn. 41). Aus dem dem Genehmigungsbescheid als Anlage beigegebenen Gutachten der Dr. E. GmbH vom 3. Oktober 2022 ergibt sich indes, dass in einigen Fällen zwar die Abschneidewerte, die sich an der Messunsicherheit orientieren (näher BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2021 - 7 C 9.19 - BVerwGE 171, 140 Rn. 29 m. w. N.), aber für keinen Lebensraumtyp die Critical Loads überschritten werden. Dem setzt der Kläger nichts entgegen.
54 d) Soweit der Kläger hilfsweise in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag zu Methanemissionen gestellt hat, ist er damit ebenfalls gemäß § 6 Satz 1 UmwRG präkludiert. Dieses Beweismittel hätte innerhalb der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist benannt werden müssen. Der Beweisantrag kann auch nicht als Vertiefung rechtzeitigen Vorbringens angesehen werden. Denn Methan wird einzig innerhalb der Sachverhaltsschilderung der Klageschrift im Rahmen einer Generalkritik an der Regelung des § 4 Abs. 1 LNGG, nach der unter bestimmten Voraussetzungen von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen ist (s. oben Rn. 5), lapidar erwähnt. Dass konkret von der FSRU Neptune Methanemissionen ausgehen, wird dort nicht einmal behauptet.
55 Der Beweisantrag wäre im Übrigen als Beweiserhebung "ins Blaue hinein" abzulehnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 2017 - 6 B 54.16 - NVwZ 2017, 1388 Rn. 7). Der Kläger hat den Antrag in der mündlichen Verhandlung damit begründet, dass er selbst in der Nähe anderer FSRUs bestimmte Methankonzentrationen in der Luft gemessen habe. Ohne dies in Zweifel zu ziehen, können solche Konzentrationen in der Nähe anderer FSRUs an anderen Standorten keinen konkreten Hinweis auf Methanemissionen durch die FSRU Neptune geben, zumal die vom Kläger durchgeführten Messungen keine verlässliche Aussage zur Herkunft des von ihm gemessenen Methans erlauben. Das Gericht geht im Übrigen davon aus, dass sich die Beigeladene bei dem Betrieb der Anlage an die Vorgaben der Verordnung EU/2024/1787 (Methan-VO), die bei Erlass des Widerspruchsbescheids noch nicht in Kraft war, halten wird.
56 4. Ein Rechtsfehler der angegriffenen Genehmigung ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger behaupteten Unzuverlässigkeit der für die Beigeladene handelnden natürlichen Personen. Abgesehen von der Frage seines auf umweltbezogene Rechtsvorschriften beschränkten Rügerechts (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG) und erheblichen Zweifeln an dieser Einschätzung ist deren Zuverlässigkeit keine Voraussetzung für die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Das Bundesimmissionsschutzgesetz erwähnt den unbestimmten Rechtsbegriff der Unzuverlässigkeit allein in § 20 Abs. 3. Nach dessen Satz 1 kann die zuständige Behörde den weiteren Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage durch den Betreiber oder einen mit der Leitung des Betriebs Beauftragten untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit dieser Personen in Bezug auf die Einhaltung von Rechtsvorschriften zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen dartun, und die Untersagung zum Wohl der Allgemeinheit geboten ist. Der Wortlaut des § 20 Abs. 3 Satz 1 BImSchG bezieht sich jedoch allein auf den "weiteren" Betrieb. Die Vorschrift ermöglicht daher nur die Untersagung einer bereits betriebenen Anlage. Sie ist nicht auf die ursprüngliche Genehmigung anwendbar, die gemäß § 6 BImSchG allein anlagenbezogene Voraussetzungen hat (VGH München, Beschlüsse vom 2. März 2010 - 22 CS 09.29 95 - juris Rn. 11 und vom 7. Oktober 2019 - 22 CS 19.14 18 - juris Rn. 44; Enders, in: Giesberts/Reinhard, BeckOK Umweltrecht, Stand Oktober 2024, § 6 BImSchG Rn. 6; Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 6 Rn. 4; Posser, in: Giesberts/Reinhard, BeckOK Umweltrecht, Stand Januar 2023, § 20 BImSchG Rn. 34). Dafür, dass bei der erstmaligen Genehmigung einer Anlage allein auf diese und nicht auf die personenbezogenen Voraussetzungen des Betreibers oder des Betriebsleiters zu schauen ist, spricht auch die Möglichkeit, Antragsteller oder Träger eines Vorhabens zu sein, ohne zu beabsichtigen, selbst die Anlage zu errichten oder zu betreiben (§ 2 Abs. 1 Satz 2 9. BImSchV - vgl. VGH München, Beschluss vom 7. Oktober 2019 - 22 CS 19.14 18 - juris Rn. 44). In einem solchen Fall wäre die Zuverlässigkeit des Antragstellers unerheblich; es käme allein auf den späteren Betreiber an. Anderes kann allenfalls dann gelten, wenn bei der Erteilung der Genehmigung bereits feststünde, dass die zuständige Behörde unmittelbar nach Erteilung der Genehmigung sofort den Betrieb wieder untersagen müsste (vgl. Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 6 Rn. 52). Dafür ist hier nichts ersichtlich.
57 5. Die in der mündlichen Verhandlung angesprochene Frage, ob die Ausnahme in der TA Lärm für Seehafenumschlagsanlagen (TA Lärm Nr. 1 Buchst. g) für die FSRU-Anlage und den Shuttle-Verkehr einschlägig ist, war nicht entscheidungserheblich. Zum einen fehlt es an entsprechendem Vortrag des Klägers hierzu, zum anderen ist die der Genehmigung zugrundeliegende Schallimmissionsprognose des T. vom 17. Oktober 2022 (Anlage 4 der Genehmigung) zu dem Ergebnis gekommen, dass auch die Beurteilungspegel des Seehafenumschlags tags und nachts an allen Immissionsorten mehr als 10 dB(A) unter den geltenden Immissionswerten der TA Lärm liegen (Schallimmissionsprognose S. 17). Hiergegen wendet sich der Kläger nicht.
58 III. Liegen somit keine Rechtsfehler vor, ist auch der Hilfsantrag unbegründet.
59 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.